Story

Calwer Passage
Autor: Marc Wilhelm Lennartz – Unabhängiger Fachjournalist und Buchautor, www.mwl-sapere-aude.com

Frontale der Calwer Passage in Stuttgart

Ökologische Stadtarchitektur

Inmitten des Zentrums von Stuttgart hat die Calwer Passage eine grundlegende Erneuerung erfahren. Insbesondere die begrünte Fassade setzt dabei ein wirkmächtiges Zeichen einer zukunftsweisenden bauökologischen Stadt-Architektur.

Die 1978 eröffnete Calwer Passage galt damals als Symbol einer neuen Einkaufskultur mit Erlebnischarakter, die nicht zuletzt von einer gläsernen, später denkmalgeschützten Kuppel getragen wurde. Diesem Meilenstein wurde nun mit der baulichen Ertüchtigung ein weiterer hinzugefügt, der den städtebaulichen Erfordernissen des 21. Jahrhunderts Rechnung trägt: eine vollflächige Fassadenbegrünung als Signal des Wandels hin zu einer umweltfreundlichen und klimabewussten Bauweise. Während die Untergeschosse in Teilen erhalten werden konnten, hat man den oberirdischen Gebäudekörper durch einen siebengeschossigen Neubau mit Mischnutzung ersetzt. Diese gliedert sich wie folgt: das Untergeschoß beheimatet u.a. über die dort lokalisierte S-Bahn Haltestelle Stadtmitte einen wettergeschützten Zugang zur Einkaufsebene im Erdgeschoss mit 22 Ladengeschäften nebst Gastronomie, wohingegen die Obergeschosse als Wohnraum und Büroflächen dienen.

Bewährte Aluminium-Fassadentechnik

Als Basis für die hochwärmegedämmte Gebäudehülle dient das jahrzehntelang bewährte RAICO Aluminiumsystem THERM+ A-V. Es verfügt dank der patentierten Dämmblocktechnik über eine stufenlose Wärmedämmung, die Werte von Um,t = 0,85 W/(m2K) erreicht. Zudem besticht die Pfosten-Riegel-Fassade durch eine harmonische Optik, die auf scharfkantigen Querschnitten und optimierten T-Verbindungen beruht, welche hohe Vertikallasten von bis zu 600 kg aufnehmen können. Die systemintegrierte Entwässerung erfolgt über durchgängige Hutdichtungen. Das eingesetzte Fenstersystem RAICO FRAME+ 75 WB bietet sehr filigrane Ansichtsbreiten und zeigt keine sichtbaren Glasleisten. Die thermische Trennung stellt ein Isoliersteg aus dem hochleistungsfähigen Spezialwerkstoff Thermorit sicher, was etwaige Wärmeverluste auf ein Minimum reduziert.

Inmitten von Stuttgart ein grüner Fleck, umgesetzt mit unserer Aluminiumfassade THERM<sup>+</sup> A-V.
Inmitten von Stuttgart ein grüner Fleck, umgesetzt mit unserer Aluminiumfassade THERM+ A-V.

Grünfassade in geometrischer Kompaktheit

Die umfängliche Fassadenbegrünung basiert auf einer der Pfosten-Riegel-Fassade vorgelagerten und an der Stahlbeton-Rohbaubrüstung montierten, tragenden Stahlkonstruktion. Dies besteht aus ca. 210 Tonnen feuerverzinktem und pulverbeschichtetem Stahl. Damit ist die stählerne Tragkonstruktion inklusive der rund 2.000 Pflanzgefäße, Troghalter, Wartungsstege und Gitterroste, welche ohne Qualitätseinbußen vollständig recycelbar ist, dauerhaft vor Korrosion geschützt. Diese materialtechnische Vorsorge bedingt sich durch die freie Bewitterung der Fassadenkonstruktion, die zudem unter dem Einsatz von Düngemitteln permanent automatisch be- und entwässert wird. Die geschossweise angeordnete Fassadenbegrünung, deren Pflanzebenen über vertikale Rankhilfen miteinander verbunden sind, verläuft parallel zu den horizontalen Brüstungsbändern. Die begrünte Fassade bildet gemeinsam mit dem Gründach den zentralen Bestandteil des Nachhaltigkeitskonzepts der Entwurfsplanung. Bernd Klein, Key Project Manager bei RAICO, erklärt: „Die eigentliche Herausforderung bei der Umsetzung und Realisierung der Gesamtfassade bestand darin, erstmals eine Aluminiumfassade mit einer Begrünung bzw. Bepflanzung in dieser geometrischen Kompaktheit zu kombinieren.“ 

Die Fassadenbegrünung der Calwer Passage aus der Nähe.
Die Fassadenbegrünung der Calwer Passage aus der Nähe.

Vielfältige Aufgaben und Funktionen

Zu den umfänglichen Wirkweisen eines begrünten Baukörpers zählen die Kühlungseffekte über erhöhte Verschattungsflächen und die Verdunstung der Pflanzen, welche gemeinsam der sommerlichen Aufheizung entgegenwirken. Des Weiteren ist die Verbesserung der Luftqualität zu nennen, da mit der Bepflanzung der Fassaden und Dächer Schadstoffe aus der Luft gefiltert werden und die Feinstaubkonzentration absinkt. Letztere hat aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens bei gleichzeitigem Schwund der öffentlichen Vegetation im hochverdichteten Raum stark zugenommen. Darüber hinaus speichern die bepflanzten Flächen Regenwasser, und fungieren bei Starkregen als Zwischenspeicher der Wassermassen, was die Kanalisation entlastet und Überschwemmungen vorbeugt. Ferner absorbieren die Pflanzen einen Teil des Schalls und reduzieren somit den städtischen Lärmpegel.

Für das Fenstersystem wurde unser FRAME<sup>+</sup> 75 WB verwendet.
Für das Fenstersystem wurde unser FRAME+ 75 WB verwendet.

Erhöhung der Wohnumfeldqualität

Durch die Begrünung von Gebäuden kann ein vitaler Stadtraum mit einem angenehmen Kleinklima und einer signifikant erhöhten Wohnumfeldqualität geschaffen werden. Prof. Werner Sobek, der Architekt und beratende Ingenieur, fasst zusammen: „Wir müssen unsere Innenstädte zum Wohl von Mensch und Umwelt nachhaltiger gestalten – mit weniger Emissionen, mehr Pflanzen und möglichst viel unversiegelter Fläche. Der Einsatz von Fassadenbegrünungen kann hierfür einen wichtigen Beitrag leisten.“

Abrissarbeiten am Rotebühlplatz: Die Calwer Passage ist denkmalgeschützt und bleibt somit bestehen. Geschützt wird sie von Holzbrettern, wie auf dem Foto im Hintergrund zu erkennen.
Abrissarbeiten am Rotebühlplatz: Die Calwer Passage ist denkmalgeschützt und bleibt somit bestehen. Geschützt wird sie von Holzbrettern, wie auf dem Foto im Hintergrund zu erkennen.

Bauherrschaft: Ferdinand Piëch Holding GmbH, D-70173 Stuttgart (www.calwer-passage.de)
Fassadenplanung, Versorgungstechnik und Bewässerungsanlagen: Werner Sobek AG, D-70597 Stuttgart (www.wernersobek.com)
Fassadenkonstruktion, Montage: INOCLAD Engineering GmbH, D-74532 Ilshofen (www.inoclad.com)
Pfosten-Riegel-Fassade, Verglasung: RAICO Bautechnik GmbH, D-87772 Pfaffenhausen (www.raico.com)
Architektur, Entwurfsplanung Altbestand 1976: Kammerer + Belz und Partner
Architektur, Entwurfsplanung Neubau: Tennigkeit + Fehrle Architekten Partnerschaft, D-70173 Stuttgart (www.tennigkeit-fehrle.de) und ingenhoven associates gmbh, D-40221 Düsseldorf (www.ingenhovenarchitects.com)
Architektur Ausführungsplanung Neubau: Schwarz Architekten, D-70469 Stuttgart (www.schwarz-architekten.de)
Fotos 1-4 + 6: Jürgen Pollak Photographie & Film
Foto 5 (Abriss): Andreas Rosar Fotoagentur Stuttgart

Das grüne Herz von Stuttgart, die neue Calwer Passage.
Das grüne Herz von Stuttgart, die neue Calwer Passage.