Vision

Eine ganze Stadt in einem Haus
Fotos: Empa / Zooey Braun, ETH Zürich

Neue Technologien haben es im Bau- und Energiebereich nicht leicht. Bis sie zu nachweislicher Markt­reife gelangen und Investoren ihre Skepsis ablegen, vergeht viel Zeit. NEST steht für „Next Evolution in Sustainable Building Technologies“, wurde von Empa im schweizerischen Dübendorf erschaffen und hilft, die Innovationszyklen für Materialien, Technologien und Verfahren zu beschleunigen.  

Seine auskragenden Betonplatten bilden auf drei Geschossen die Decke und den Boden für wechselnde, modulartig eingesetzte Wohn- und Forschungseinheiten. Damit ist es kein verschlossenes Forschungslabor, sondern ein „Living Lab“, in dem Menschen in den Forschungsgegenständen arbeiten und wohnen. Realbedingungen für Innovationen.

 

NEST steht für „Next Evolution in Sustainable Building Technologies“
NEST steht für „Next Evolution in Sustainable Building Technologies“

Laufbandläufer erzeugen Strom

Die derzeitigen Units könnten vielfältiger nicht sein: „Solare Fitness & Wellness“ zum Beispiel betreibt sich mit beim Training erzeugtem Strom selbst. „Vision Wood“ zeigt, was moderner Holzbau in Verbindung mit angewandter Holzforschung leisten kann. „Meet2Create“ untersucht, wie sich zukünftige Büroumgebungen an den ständigen Wandel der immer mobiler werdenden Arbeitswelt räumlich und technisch anpassen müssen. Die „Digitale Fabrika­tion“ befasst sich mit der nahtlosen Verbindung digitaler Technologien mit dem physischen Bauprozess und den daraus resultierenden Möglichkeiten neuer Architekturen. Die Unit „HiLo“ greift weit in die Zukunft und baut ein selbsttragendes Leichtbau-Betondach als optische Krone von NEST. An der Süd- und Westwand kommt eine adaptive Fassade mit beweglichen Solarmodulen zum Einsatz. Diese regulieren Licht und Schatten, Temperatur und Energiegewinnung der Unit. Und weitere Einheiten reichen vom wild begrünten Passivraum über Spezialtoiletten bis hin zur Hightech-Arbeitszelle mit dimmbarem Fenster. 

Gebäude auf links gekrempelt

Welche Vision hatten die Architekten Fabio Gramazio und Matthias Kohler vor Augen? „Uns war wichtig, den Erbauern und Benutzern der Units möglichst viel Freiheit zu lassen. Deshalb haben wir eine feste Tragstruktur entworfen. Die Konstruktion der Units wird so einfacher, sie benötigen zum Beispiel keine Stützen. Zweitens haben wir den Gedanken losgelassen, dass alle Units genau gleich sein müssen. Stattdessen betrachten wir NEST wie eine kleine Stadt“, erläutert Gramazio. 

Ein selbsttragendes Leichtbau-Betondach wird die Krone von Nest
Ein selbsttragendes Leichtbau-Betondach wird die Krone von Nest

Während das Atrium und damit auch die inneren Fassaden beständig und sehr klar gestaltet sind, verändert sich die Außenfassade ständig. NEST ist sozusagen ein Labor, das von innen nach außen gestülpt wurde. Es kombiniert die Nutzung er­neuerbarer Energien mit einer hochdämmen­den Bauhülle. Zum Einsatz kam für die Unit „Solare Fitness & Wellness“ das RAICO-System THERM+ H-V, das von einem Systemverarbeiter der Ernst Schweizer AG montiert wurde: Die acht Meter hohe Nordfassade ist mit einer neu­­­artigen Vierfachverglasung ausgerüstet. Mit einem U-Wert von 0,3 W/m2K erreicht das Glaspaket einen Spitzenwert im Wärmeschutz. Dadurch entspricht die transparente Nordfassade thermisch einer gut gedämmten opaken Außenwand.  

NEST bringt Menschen, Unter­nehmen und Hochschulen zusammen, gilt gleichzeitig als eine Art Messe- und Veranstaltungsort und gesellschaftlicher Treffpunkt. Architekten und Planer können sich hier anschauen, welche neuen Möglichkeiten und Ansätze es gibt, um herkömmliche Probleme und Herausforderungen clever zu meistern. Seit die Innovationsplattform in Betrieb genommen wurde, kamen im Monat durchschnittlich je 1.000 Besucher – 80 Prozent davon sind Profis aus ganz unterschied­lichen Sparten des Bau- und Energiebereichs.

NEST bringt Menschen, Unter­nehmen und Hochschulen zusammen
NEST bringt Menschen, Unter­nehmen und Hochschulen zusammen